AZ-PRESSEARTIKEL: Wenn der Schnee fehlt (von Tobias Giegerich)

Die Probleme, die zur Absage der Weltcup-Rennen in Ofterschwang führten, sind nicht neu. Ähnliche Probleme hatten in der Vergangenheit auch Oberstaufen und Pfronten.

Das Allgäu und der alpine Ski-Weltcup – zumindest in diesem Jahr keine Erfolgsgeschichte. An diesem Wochenende hätte der Skizirkus Station in Ofterschwang gemacht, wegen Schneemangels wurden die Wettbewerbe der weltbesten Slalom- und Riesenslalomfahrerinnen aber vor einer Woche abgesagt. In Ofterschwang lag zwar Schnee, aber eben nicht genug, um eine weltcuptaugliche Piste zu präparieren. Dazu muss die Piste noch breiter sein, es müssen Sturzräume präpariert werden – und dafür hat der Schnee nicht ausgereicht.

Die Absage bedauert auch Hanskarl Bechteler, Vorsitzender des Skiclubs Oberstaufen. „Das wäre für das Allgäu eine tolle Sache gewesen“, sagt der 64-Jährige. Der Grund des Ausfalls kommt Bechteler aber bekannt vor. Von 1962 bis 1992 kamen die besten Skifahrer der Welt zu den Rennen um den Staufenpokal in den Schrothkurort, beispielsweise stand in den Jahren 1975, 1989 und 1990 nicht genug Schnee für die Wettbewerbe bereit. 1992, als der letzte Riesenslalom am Hündle stattfand, habe kurz darauf ein Föhn-Sturm die Piste weg geschmolzen.

Für Bechteler waren aber die zahlreichen Rennen, die im Laufe der 30-jährigen Staufner Weltcup-Geschichte stattfanden, absolute Höhepunkte des Winters. Als siebenjähriger Bub verfolgte Bechteler den ersten Weltcup, einen Slalom am Staufen. 1967 fand dort auch das erste offizielle Weltcup-Rennen der Frauen statt, zuvor lief der Wettbewerb unter den Namen „Fis-A-Rennen“. Später, ab 1971, fanden sowohl die Slalom- als auch Riesenslalomwettbewerbe am Hündle statt. „Es war eine aufregende Zeit. Alle großen Namen des Skisports kamen nach Oberstaufen“, erzählt Bechteler, der später als Torrichter und bei der Pistenpräparation mitgeholfen hat. „Für den Ort war es eine tolle Sache, mit den ganzen Stars und der Medienpräsenz.“ Der 64-Jährige zählt die prominenten Namen auf – angefangen von Lokalmatadorin Heidi Biebl, über Rosi Mittermaier, Irene Epple, Annemarie Moser-Pröll, Vreni Schneider bei den Frauen sowie Ingemar Stenmark, Piero Gros oder Steve Mahre bei den Männern.

Im Allgäu hat neben Ofterschwang und Oberstaufen auch Pfronten (1973 bis 1987) eine Weltcup-Vergangenheit. Auch die stets Anfang Januar angesetzten Wettbewerbe mussten wegen Wetterkapriolen mehrere Male ausfallen oder verlegt werden. „Mit Schneekanonen wäre uns das nicht passiert“, hieß es immer wieder. In Erinnerung blieb vor allem das Jahr 1976. Orkanartige Winde, Föhn und Regen „putzten“ die Abfahrtsstrecke am Breitenberg fast weg. Mit vier Tagen Verspätung fand der Abfahrtslauf um den Pfrontener Breitenberg-Pokal im Berner Oberland statt. Die Fernsehzuschauer staunten nicht schlecht, dass bei einem Rennen in der Schweiz mit Startnummern mit der Aufschrift „Pfronten“ gefahren und bei der Siegerehrung Ostallgäuer Produkte von Pfrontens Skiclub-Chef Rolf Walter überreicht wurden.

Bechteler ist froh, dass es mit Ofterschwang überhaupt noch eine Weltcup-Station im Allgäu gibt. Dort hat der Vorsitzende des Staufner Skiclubs auch schon mitgeholfen. Stars wie Kjetil André Aamodt, Stephan Eberharter, Janica Kostelic, Viktoria Rebensburg und Mikaela Shiffrin kamen seit 1999 in die Oberallgäuer Ortschaft.

Dass es am Hündle bei Oberstaufen keine Weltcup-Rennen mehr gibt, lag an einer Auflage des internationalen Ski-Verbands (Fis). Ab 1992 kamen nur noch Orte mit Beschneiungsanlage in Frage. Diese wäre am Hündle inzwischen vorhanden. „Ofterschwang hat in den letzten Jahren tolle Wettbewerbe veranstaltet“, sagt Bechteler. „Ich mag kein Kirchturmdenken – dennoch würde für mich ein Traum in Erfüllung gehen, wenn auch in Oberstaufen wieder ein Weltcup stattfindet.“ Seit 2010 gab es darüber vereinzelte Gespräche mit dem deutschen Ski-Verband (DSV), auch in Pfronten wurde diese Idee Anfang der 2000er-Jahre wieder aufgegriffen. „Bei uns käme nur der Hang am Hündle in Frage. Es hat sich aber bisher noch nicht realisieren lassen“, sagt Bechteler.